Nekomata


Nekomata – Die zweischwänzige Katze Japans

Kaum ein Katzenwesen der Welt vereint so viel Faszination, Furcht und Geheimnis wie die Nekomata. Diese japanische Legende erzählt von Katzen, die nicht nur den Menschen begleiten, sondern mit zunehmendem Alter und Größe übernatürliche Kräfte entwickeln. Besonders berüchtigt sind ihre zwei Schwänze, die ihnen ein gespenstisches Aussehen verleihen und zugleich Symbol ihrer magischen Macht sind.

Im Gegensatz zu harmlosen Katzengestalten verkörpert die Nekomata ein dämonisches Potential: Sie kann Tote erwecken, Feuer kontrollieren und ganze Häuser in Angst versetzen. 

Doch zugleich ist sie tief in der japanischen Kultur verwurzelt und erscheint in Kunst, Literatur und Volksglauben bis in die Gegenwart.


Herkunft

Die ersten Hinweise auf die Nekomata finden sich bereits im Mittelalter Japans. In Schriften aus dem 13. Jahrhundert werden Katzen erwähnt, die „hinter den Bergen“ leben und sich zu monströsen Wesen entwickeln. Diese „Berg-Nekomata“ wurden als riesenhafte Kreaturen beschrieben, die Menschen fraßen.

Später verlagerte sich die Vorstellung zunehmend in den häuslichen Bereich: Katzen, die lange lebten und groß wurden, sollten sich irgendwann in Nekomata verwandeln. Entscheidend war die Länge des Schwanzes – man glaubte, dass sich dieser mit zunehmendem Alter spalten und verdoppeln konnte. Daher kürzte man in manchen Regionen Katzen die Schwänze, um einer Verwandlung vorzubeugen.

Der Name „Nekomata“ setzt sich aus „neko“ (Katze) und „mata“ (gespalten, Gabelung) zusammen – also die „gespaltene Katze“.


Erscheinung

Die Nekomata unterscheidet sich äußerlich von gewöhnlichen Katzen vor allem durch ihren zweigeteilten Schwanz. Dieser ist oft länger und buschiger als bei normalen Katzen, und die Spaltung gilt als untrügliches Zeichen der Verwandlung.

Ihre Größe variiert in den Legenden stark: Manche bleiben so groß wie Hauskatzen, andere wachsen zu riesigen Bestien heran, die über Dächer und Wälder springen können.

Besonders gefürchtet waren ihre übernatürlichen Fähigkeiten:

  • Feuerbeherrschung: Nekomata sollen Flammen beschwören und Häuser in Brand setzen.

  • Totenbeschwörung: Sie können Verstorbene erwecken und wie Marionetten steuern.

  • Verwandlung: In einigen Erzählungen nehmen sie menschliche Gestalt an, meist als geheimnisvolle Frauen.

  • Rachsucht: Wer eine Katze schlecht behandelte, musste fürchten, dass sie als Nekomata zurückkehrt.

Ihre Augen werden oft als leuchtend und unheilvoll beschrieben, ihre Bewegungen unheimlich geschmeidig.


Legenden und Geschichten

Die japanische Folklore kennt zahllose Geschichten über die Nekomata – von furchteinflößend bis skurril.

Eine bekannte Erzählung berichtet von einer Familie, deren Hauskatze jahrzehntelang lebte. Eines Nachts verschwand sie, und bald darauf trieb ein unheimliches Wesen in der Umgebung sein Unwesen: eine Katze mit zwei Schwänzen, die Feuer spie und Menschen in den Wahnsinn trieb. Man erkannte darin die alte Katze der Familie, die sich verwandelt hatte. Andere Legenden erzählen von Nekomata in den Bergen, die Wanderer überfielen und ihnen auflauerten. Diese Form gilt als älter und wilder, während die häusliche Nekomata eher aus überalterten Hauskatzen hervorgeht.

Besonders gefürchtet war die Fähigkeit, Tote zu beherrschen. Es heißt, Nekomata könnten Leichen zum Tanz bringen, um ihre Opfer zu verhöhnen oder den Lebenden Angst einzujagen. Diese makabre Macht machte sie zu Symbolen von Unruhe und Tod.

Doch es gibt auch mildere Darstellungen: Manche Nekomata erscheinen in der Literatur als kluge, wenn auch launische Begleiter, die ihre Besitzer schützen – solange man sie mit Respekt behandelt.


Symbolik und Bedeutung

Die Nekomata ist ein Spiegelbild der ambivalenten Haltung der japanischen Kultur zu Katzen:

  • Alter und Weisheit: Katzen, die lange leben, galten als Träger besonderer Kräfte.

  • Schwanzspaltung: Symbol der Verwandlung – aus dem Vertrauten wird das Fremde, aus der Hauskatze ein Dämon.

  • Feuer und Tod: Ihre Mächte verknüpfen sie mit Zerstörung und der Unterwelt.

  • Rache: Schlechte Behandlung von Tieren konnte Folgen haben – eine moralische Lektion des Volksglaubens.

Die Angst vor Nekomata spiegelt auch das Misstrauen gegenüber dem Unkontrollierbaren wider: Katzen ließen sich nicht so leicht wie Hunde erziehen, sie waren eigenwillig und geheimnisvoll.


Moderne Rezeption

Heute ist die Nekomata fester Bestandteil der japanischen Popkultur. In Manga, Anime und Videospielen taucht sie regelmäßig auf – mal als furchterregender Dämon, mal als verspielte Anspielung auf alte Mythen.

 

Beispiele finden sich in Serien wie GeGeGe no Kitarō oder Naruto, aber auch in Rollenspielen wie Final Fantasy oder Shin Megami Tensei. Dort erscheinen Nekomata oft als Gegner, manchmal auch als Verbündete.

In der modernen Esoterik wird die Nekomata gelegentlich als Symboltier für Transformation und Macht gesehen. Ihre ambivalente Natur macht sie attraktiv für Interpretationen, die zwischen Licht und Schatten balancieren.

Auch in der westlichen Rezeption hat sie Spuren hinterlassen – etwa in Fantasy-Romanen oder Kunstprojekten, die sich von japanischen Mythen inspirieren lassen.


Vergleich mit anderen Katzenwesen

Die Nekomata lässt sich mit verschiedenen Katzendämonen anderer Kulturen vergleichen:

  • Der Kasha aus Japan ist ein naher Verwandter, spezialisiert auf das Rauben von Leichen.

  • Der Matagot aus Frankreich bringt Glück oder Unheil – ähnlich ambivalent, aber ohne das düstere Element der Totenbeschwörung.

  • Der Mishipeshu aus Nordamerika ist ein Großgeist der Natur, weit gewaltiger als eine Nekomata, aber ebenfalls katzenhaft und gefährlich.

  • Die Nekomata steht dazwischen: nicht Naturgewalt, sondern dämonisches Hauswesen mit übernatürlicher Macht.

Damit ist sie ein einzigartiges Beispiel für die dämonisierte Hauskatze – entstanden aus dem engen Zusammenleben von Mensch und Tier.


Fazit

Die Nekomata ist eines der eindrucksvollsten Katzenwesen der Weltmythologien. Sie zeigt, wie sehr Katzen in Japan zwischen Verehrung und Furcht standen: als geliebte Haustiere und zugleich als potenzielle Dämonen.

Ihre Geschichten warnen vor Respektlosigkeit, zeigen aber auch die Faszination für das Unbekannte. Sie ist eine Katze des Übergangs – vom Alltag ins Übernatürliche, vom Vertrauten ins Unheimliche.

Noch heute lebt sie in Manga, Anime und Spielen fort und fasziniert ein weltweites Publikum. 

So bleibt die Nekomata ein Sinnbild für die mystische Seite der Katze: schön und schrecklich zugleich, vertraut und fremd, ein Wesen der Schatten, das stets zwischen den Welten wandelt.