Hauskatzen im Wandel – 1960er–1970er
Die 1960er- und 1970er-Jahre waren eine Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche – und auch die Haltung von Hauskatzen blieb davon nicht unberührt. Während die 1950er vor allem den Grundstein legten, setzte sich in den folgenden zwei Jahrzehnten eine neue Alltagskultur durch, in der Katzen zunehmend fest in die Lebenswelt der Familien integriert wurden.
Die wachsende Zahl an Stadtwohnungen mit moderner Ausstattung machte die Wohnungshaltung immer selbstverständlicher. Gleichzeitig spiegelte die Katze mit ihrer Unabhängigkeit und Eigenwilligkeit den Zeitgeist wider, der von Freiheitsdrang und gesellschaftlicher Veränderung geprägt war.
Wohnungskatzen im Aufschwung
Dank Edward Lowes Katzenstreu war die Haltung in Innenräumen nun etabliert. In den 1960ern nahm die Zahl der reinen Wohnungskatzen deutlich zu, vor allem in städtischen Gebieten. Katzen wurden nicht mehr nur als praktische Begleiter wahrgenommen, sondern als eigenständige Familienmitglieder mit Anspruch auf Fürsorge und Komfort. Möbelhersteller und Heimwerkerzeitschriften gaben Tipps, wie man den Wohnraum katzengerecht gestalten konnte – ein Hinweis darauf, dass die Katze endgültig im Alltag angekommen war.
Futtermittel im Wandel
Während Whiskas den Markt in den 1950ern geprägt hatte, folgte nun eine Zeit der Ausweitung. Neue Marken traten auf, und die Auswahl an Sorten vergrößerte sich. Trockenfutter begann sich langsam zu etablieren, wenn auch zunächst skeptisch betrachtet. In den 1970ern entwickelte sich daraus ein Marktsegment, das bis heute nicht mehr wegzudenken ist. Die Werbekampagnen dieser Jahre zeigten Katzen nicht nur als elegante Tiere, sondern auch als Symbole für Wohlstand und moderne Lebensführung.
Medizinische Versorgung und Tierärzte
Mit dem gesellschaftlichen Fortschritt wuchs auch das Bewusstsein für Tiergesundheit. Immer mehr Tierärzte spezialisierten sich auf Kleintiere, und die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung bei der Katze wurde zur Empfehlung. Impfungen gegen Katzenseuche und Katzenschnupfen setzten sich in den 1960er-Jahren durch, wodurch die Lebenserwartung vieler Katzen erheblich stieg. Die Katze rückte so auch aus medizinischer Sicht vom Nutz- zum Haustier auf Augenhöhe. In vielen Städten entstanden moderne Kleintierpraxen, die erstmals auf die speziellen Bedürfnisse von Katzen eingehen konnten. Gleichzeitig entwickelte sich die Tiermedizin weiter, sodass Diagnosen und Behandlungen deutlich präziser wurden als in den Jahrzehnten zuvor.
Gesellschaftliche Wahrnehmung
Katzen fanden ihren Platz in der Popkultur: In Literatur, Film und Fernsehen tauchten sie verstärkt auf. Comics, Kinderbücher und Werbespots prägten das Bild der Katze als charmanten, manchmal eigensinnigen Mitbewohner. In der Jugendkultur der späten 1960er-Jahre, die geprägt war von Aufbruch, Protest und Individualismus, galt die Katze als Symbol für Unabhängigkeit und Freiheit.
Neue Verantwortung
Mit der wachsenden Nähe zur Katze entstand auch ein neues Verantwortungsgefühl. In den 1970er-Jahren begannen sich immer mehr Tierschutzvereine auch gezielt um Katzen zu kümmern. Erste lokale Initiativen wie die Katzenhilfe Godshorn machten darauf aufmerksam, dass auch Katzen Schutz und Fürsorge benötigen. Parallel dazu forderten Tierschutzorganisationen verstärkt Kastrationsprogramme, um Streunerpopulationen einzudämmen. Die Diskussion um artgerechte Haltung nahm Fahrt auf, und erste Ratgeberbücher widmeten sich ausschließlich der Frage, wie man Katzen gesund und glücklich hält. Damit begann eine Entwicklung, die das Verhältnis von Mensch und Katze langfristig prägte.
Fazit
Die 1960er- und 1970er-Jahre führten die in den 1950ern begonnene Entwicklung fort und vertieften sie. Katzen waren nun fest im Haushalt etabliert, bekamen bessere medizinische Versorgung und vielfältigeres Futter. Gleichzeitig stieg das öffentliche Bewusstsein für Tierschutz und Verantwortung. Damit wurde der Weg geebnet für die moderne Katzenhaltung, wie wir sie heute kennen – eine Haltung, in der die Katze als eigenständige Persönlichkeit anerkannt ist.