Barbara Felde







Barbara Felde – Ein stilles Leben für die, die niemand will

In der weiten, stillen Landschaft Niedersachsens, fernab urbaner Betriebsamkeit, liegt ein kleiner Hof, der kein gewöhnlicher Tierschutzhof ist. Es ist ein Ort für Katzen, die am Rand aller Aufmerksamkeit leben: alt, krank, behindert, manchmal traumatisiert – und oft aufgegeben. Hier wirkt Barbara Felde, eine Frau, deren Leben ganz im Dienst dieser vergessenen Tiere steht. Ihre Arbeit ist leise, aber grundlegend. Sie verändert Leben – auch wenn es manchmal nur für die letzten Monate oder Wochen ist.


Der Weg zur Lebensaufgabe

Barbara Felde wuchs mit Tieren auf. Schon als Kind galt ihr Mitgefühl besonders jenen, die schwach, verletzt oder übersehen waren. Was als kindliche Zuneigung begann, entwickelte sich im Lauf der Jahre zu einer tiefen Überzeugung: dass jedes Tier, unabhängig von Zustand oder Vermittelbarkeit, ein Recht auf Fürsorge, Geborgenheit und Würde hat.

In ihren Dreißigern entschloss sich Barbara, ihr Leben radikal umzustellen. Sie verließ den konventionellen Berufsweg, investierte ihr Erspartes und kaufte ein kleines Grundstück mit Nebengebäuden – den Grundstein für das, was heute ihr Gnadenhof ist. Kein Verein, keine große Organisation – sondern eine private Initiative, getragen von Engagement, Idealismus und täglicher Arbeit.


Kein Tier wird abgelehnt – und keines vergessen

Der Hof beherbergt rund 20 bis 30 Katzen gleichzeitig – eine Zahl, die schwankt, weil viele Tiere nur kurze Zeit bleiben. Einige sind blind, inkontinent, an Diabetes erkrankt oder nach schlimmen Erlebnissen schwer traumatisiert. Andere stammen aus Tierheimen, die für medizinisch anspruchsvolle oder „unsozial“ geltende Katzen keine Kapazitäten mehr haben. Manche kommen von Privatpersonen, die mit der Pflege überfordert sind oder sich aus Altersgründen trennen müssen.

Barbara nimmt jedes Tier auf, das sie aufnehmen kann – aber nicht leichtfertig. Vor jeder Aufnahme steht eine ehrliche Einschätzung: Passt das Tier in die bestehende Gruppe? Sind die nötigen medizinischen Ressourcen verfügbar? Ist die Versorgung langfristig tragbar? Diese Entscheidungen trifft sie allein – getragen von langjähriger Erfahrung und einem klaren moralischen Kompass.


Der Alltag: viel Arbeit, wenig Pause

Der Tagesablauf auf dem Hof beginnt früh. Noch vor dem ersten Kaffee prüft Barbara, ob alle Tiere gefressen haben, ob jemand anders liegt als gewöhnlich, auffällig atmet oder sich zurückgezogen hat – kleine Zeichen, die auf Schmerz oder Krankheit hindeuten. Es folgen Reinigungsarbeiten, Medikamentengaben, Spezialfutterzubereitung und, bei Bedarf, Tierarztfahrten. Das Telefon klingelt oft: Anfragen, Notrufe, Vermittlungsversuche.

Neben der körperlichen Pflege spielt auch die emotionale Betreuung eine große Rolle. Viele Tiere sind scheu, verstört oder haben jegliches Vertrauen verloren. Barbara verbringt Stunden damit, einfach bei ihnen zu sein, zu reden, sanfte Berührungen anzubieten, Nähe nicht zu erzwingen, sondern zu ermöglichen. Es ist eine stille Form von Therapie – für Mensch und Tier.


Finanzierung durch Vertrauen

Der Gnadenhof lebt ausschließlich von privaten Spenden, Patenschaften und kleinen Zuwendungen. Barbara ist keine Frau, die sich in den Vordergrund drängt. Ihre Social-Media-Beiträge sind zurückhaltend, sachlich, oft tief bewegend – mit Bildern, die zeigen, wie eine Katze zum ersten Mal wieder spielt, oder wie eine alte Perserdame friedlich in der Sonne schläft.

Transparenz ist ihr wichtig: Jede Spende wird dokumentiert, Tierarztkosten offengelegt. Die Unterstützer*innen wissen, was mit ihrem Geld geschieht – und dass es gebraucht wird. Immer wieder starten spontane Spendenaktionen, wenn eine größere Operation ansteht oder ein Notfall aufgenommen wurde.


Wenn das Ende kommt – in Würde

Viele Katzen sterben auf Barbaras Hof. Das liegt in der Natur ihrer Arbeit. Doch kein Tier geht allein. Sie ist da, wenn sie gehen – oft auf ihrem Schoß, in einer Decke gewickelt, mit sanften Worten. Für Barbara gehört das Sterben genauso zum Leben wie das Spielen, Fressen oder Schnurren. Es geht ihr nicht darum, Leben zu verlängern um jeden Preis, sondern es zu begleiten – bis zum Schluss.

Und manchmal, trotz aller Pflege, stirbt eine Katze in der Nacht – plötzlich, still. Dann zündet Barbara eine Kerze an, schreibt ein paar persönliche Worte, und begräbt das Tier im kleinen Garten hinter dem Haus. Jede Katze hat einen Platz, einen Namen, eine Geschichte. Nichts wird vergessen.


Warum sie es tut

Fragt man Barbara, warum sie das alles auf sich nimmt – den Verzicht, die Kosten, die emotionale Last –, zuckt sie oft nur die Schultern. „Weil es sonst niemand tut“, sagt sie dann. Oder: „Weil sie es verdient haben.“

Ihre Arbeit ist ein stiller Protest gegen ein System, in dem nur das Junge, Gesunde, Schöne zählt. Sie erinnert daran, dass Fürsorge kein Luxus ist, sondern eine Verpflichtung – gerade gegenüber den Schwächsten. Ihr Hof ist kein Ort des Mitleids, sondern der Achtsamkeit, des Respekts, der Liebe. Er zeigt, dass Tierschutz nicht immer laut, aber immer konsequent sein kann.


Barbara Felde ist eine dieser Menschen, die selten im Rampenlicht stehen – und doch leuchten. Ihr Gnadenhof ist klein, ihre Reichweite begrenzt. Aber für die Tiere, die bei ihr leben dürfen, ist er das ganze Universum.