Aztekenkatze


Die geheimnisvolle Welt der Aztekenkatze

 

Der Begriff "Aztekenkatze" ruft Bilder von alten Zivilisationen und exotischen Kreaturen hervor. Tatsächlich verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung eine faszinierende Geschichte, die sich um zwei unterschiedliche Katzenpopulationen rankt: eine historische, haarlose Katze, die einst in Verbindung mit den Azteken gebracht wurde, und eine moderne Rasse, die für ihr wildes Aussehen, aber sanftes Gemüt bekannt ist. Dieser Bericht beleuchtet die Ursprünge, Merkmale und das Wesen beider "Aztekenkatzen" und zeigt die bemerkenswerte Entwicklung und die Verwirrung, die dieser Name im Laufe der Zeit hervorgerufen hat.

 

Die historische Aztekenkatze: Eine Legende aus Mexiko

Die früheste Dokumentation einer Katze, die als "Aztekenkatze" oder "New Mexican Hairless" bekannt wurde, stammt aus dem Jahr 1902 von Herrn E. J. Shinick in New Mexico. Herr Shinick besaß ein Paar dieser ungewöhnlichen, haarigen Katzen und berichtete, dass er sie 1894 von lokalen Pueblo-Indianern erhalten hatte. Laut einem Zeitungsartikel soll Herr Shinick die Katzen etwa ein Jahr zuvor von indianischen Händlern erhalten haben, als sie wenige Wochen alt waren und ein sehr selten aussehendes Paar darstellten. Die Katzen sollen aus der Gegend von Albuquerque, New Mexico, stammen. Nach Aussage von Jesuitenpatres sollten diese Katzen die letzten Überlebenden einer alten aztekischen Katzenrasse sein, die nur in New Mexico bekannt war. Diese Erzählung verlieh den Katzen einen mystischen und exotischen Touch, der die Fantasie der Menschen beflügelte.

 

Es ist jedoch anzumerken, dass die Verbindung dieser Katzen zu den Azteken möglicherweise eher eine romantisierte Geschichte war, um ihr Erscheinungsbild und ihre Herkunft aufzuwerten. Bereits im Jahr 1878, lange vor der Entdeckung von Herrn Shinicks Katzen, gab es Berichte über haarlose Katzen in den Vereinigten Staaten, wie das Geschwisterpaar "Scud" und "Mystery" in Boston. Diese früheren Funde erlangten jedoch nicht die gleiche Bekanntheit wie die Katzen aus New Mexico, deren angebliche Verbindung zu einer alten Zivilisation sie zu einer besonderen Attraktion machte. Die Praxis, ungewöhnliche Tiere als Kuriositäten auf Ausstellungen zu präsentieren, untermauerte oft solche faszinierenden, wenn auch möglicherweise fiktiven, Geschichten.

 

Die Katzen von Herrn Shinick, Nellie und Dick, waren Geschwister und im Vergleich zu lokalen Kurzhaarkatzen um etwa 25 Prozent kleiner. Ein bemerkenswertes Merkmal dieser "haarigen" Katzen war ihr saisonales Fell. Während der kälteren Monate entwickelten sie einen leichten Fellstreifen entlang ihres Rückens und ihres Schwanzes, der in der wärmeren Jahreszeit wieder verschwand. Trotz ihres Namens besaßen sie auch lange Schnurrhaare und Augenbrauen. Dieses saisonale Wachstum von Fell deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine vollständig haarlose Rasse im Sinne der modernen Sphynx handelte, sondern eher um eine Form von Haararmut, bei der die Haarentwicklung nicht vollständig unterdrückt wurde.

 

Die historische Aztekenkatze wurde als kleine Katze beschrieben, wobei Nellie etwa acht Pfund wog. Sie hatte einen sehr kleinen Kopf und große, bernsteinfarbene Augen. Ihre Schnurrhaare und Augenbrauen waren besonders lang. Ihr Rücken war mausgrau gefärbt, während Hals, Bauch und Beine einen zarten, fleischfarbenen Ton aufwiesen. Ihr Körper fühlte sich immer warm und weich an, und sie hatten eine sehr lose Haut. Im Vergleich zur modernen Sphynx, einer anderen bekannten haarlosen Katzenrasse, wiesen die mexikanischen Nacktkatzen weniger extreme Gesichtszüge auf. Diese physische Beschreibung lässt vermuten, dass die historische "Aztekenkatze" eine einzigartige Ausprägung von Haararmut darstellte, die sich von anderen bekannten haarlosen Rassen unterschied.

 

Trotz ihres ungewöhnlichen Aussehens wurden Nellie und Dick von Herrn Shinick als intelligente und liebevolle Familienhaustiere beschrieben. Sie galten als schnell in ihren Bewegungen und sehr klug. Die Katzen genossen warme Bäder und liebten es, nachts unter der Bettdecke eines kleinen Mädchens zu schlafen. Es wurde berichtet, dass sie fast alles verstanden, was zu ihnen gesagt wurde, und dass sie sehr verspielt waren. Der Kater Dick wurde als besonders kräftig und mutig beschrieben, der sogar in der Lage war, Hunde abzuwehren. Diese Berichte zeichnen das Bild von angenehmen Begleitern mit positiven Charaktereigenschaften, was zeigt, dass die Haararmut ihr Sozialverhalten nicht negativ beeinflusste.

 

Das Schicksal der mexikanischen Nacktkatze war jedoch besiegelt. Dick starb bereits vor der Geschlechtsreife, nachdem er entkommen und von Hunden getötet worden war. Nellie lebte länger, starb aber im Dezember 1908 während des Transports zu einer Katzenausstellung in New York an Wassersucht. Einem Zeitungsbericht zufolge sollte eine haarlose Katze namens "Moko", die als berühmte Aztekenkatze galt, mit einer speziellen Krankenschwester nach New York gebracht werden, um dort auf einer bevorstehenden Katzenausstellung das einzige Exponat ihrer Art zu sein. Es gab Pläne, ihren Körper dem Museum of Natural History zu präsentieren, um die Rolle der Katze in der aztekischen und ägyptischen Zivilisation zu belegen. Letztendlich kam es jedoch nicht zu einem erfolgreichen Zuchtprogramm für diese Katzenlinie, was zu ihrem Verschwinden führte. Das Fehlen weiterer bekannter Exemplare und die Tatsache, dass Nellie und Dick Geschwister waren und nicht miteinander verpaart wurden, trugen wahrscheinlich zu diesem Ausgang bei. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Begriff "Mexican Hairless Cat" zu einer allgemeinen Bezeichnung für jede haarlose Katze, bis andere Rassen wie die Sphynx ihren festen Platz in der Katzenwelt fanden.

 

Die moderne Aztekenkatze: Ein wild aussehendes Familienmitglied

Im Gegensatz zur historischen mexikanischen Nacktkatze bezieht sich der Begriff "Aztekenkatze" heute auch auf eine moderne Katzenrasse, die eng mit der Ocicat verwandt ist. Diese moderne "Aztekenkatze" ist keine Weiterentwicklung der haarlosen Katze, sondern eine Farbvariante der Ocicat, die in einigen Zuchtverbänden als "Aztec" oder "Ocicat Classic" anerkannt wurde. Die Namensähnlichkeit ist somit eher zufällig und kann zu Verwirrung führen.

 

Die Geschichte der modernen Aztekenkatze beginnt mit der Entstehung der Ocicat in den 1960er Jahren in Michigan, USA. Virginia Daly versuchte, eine Siamkatze mit Abessinier-Point zu züchten. In den Würfen der Ocicat traten von Anfang an Katzen mit einer klassischen Tabby-Zeichnung auf, doch da der Rassestandard der Ocicat ausschließlich Tupfen vorsah, wurden diese klassisch gezeichneten Katzen oft als Liebhabertiere verkauft. Einige Züchter außerhalb Großbritanniens nutzten sie jedoch in ihren Zuchtprogrammen, um möglicherweise die Tupfen bei der Ocicat zu verbessern. Obwohl diese klassisch gezeichneten Katzen in der Zucht erlaubt waren, durften sie nicht als Ocicats ausgestellt werden.

 

In Neuseeland wurde das klassische Muster der Ocicat von zwei Zuchtverbänden unter den Namen Jungala und Classicat anerkannt und zunächst als neue Rassen registriert. Obwohl diese Rassen in Neuseeland inzwischen zusammengelegt wurden und das klassische Muster ausgestellt werden darf, stufen die meisten anderen Zuchtverbände eine klassisch gezeichnete Ocicat als "Any Other Variety" (AOV) oder als nicht anerkannte Variante ein, was ihre Ausstellung unmöglich macht.

 

In Großbritannien wurden im Laufe der Jahre einige klassisch gezeichnete Kätzchen geboren, die jedoch meist als kastrierte Haustiere gehalten wurden. Erst im Jahr 2007 erkannte eine Züchterin das Potenzial einer klassisch gezeichneten Katze und registrierte sie als Zuchtkatze. Dies war der Beginn der Bemühungen, das klassische Muster als separate Rasse anzuerkennen. Mit Unterstützung des Ocicat Clubs und des Breed Advisory Committee (BAC) beantragte eine Gruppe von Züchtern die Anerkennung des klassischen Musters als neue Rasse beim Governing Council of the Cat Fancy (GCCF). Da man die Ocicat weltweit als getupfte Rasse ansah, entschieden sich die britischen Züchter, die Anerkennung des klassischen Musters als eigenständige Rasse zu verfolgen.

 

Der Antrag auf vorläufige Anerkennung unter dem Namen Ocicat Classic wurde im Oktober 2008 genehmigt, wodurch diese Katzen für Merit Certificates ausgestellt werden konnten. Später wurden zwei Aztec-Zuchtkater importiert. Im Februar 2011 wurde die vorläufige Anerkennung erteilt, und im Juni 2013 erreichte die Rasse den vollen Championship-Status. Später stellte das BAC fest, dass der Name Ocicat Classic zu Komplikationen bei Registrierungen und der Verwaltung von Ausstellungen führte, da er die Rasse nicht eindeutig von der Ocicat unterschied. Ein Antrag auf Namensänderung wurde eingereicht, und im April 2015 wurde dem GCCF-Vorstand der Name Aztec vorgeschlagen. Im Jahr 2024 wurde der Aztec jedoch wieder mit der Ocicat zusammengeführt und ist nun als Ocicat Classic eine Variante der Ocicat.

 

Die moderne Aztekenkatze, oder Ocicat Classic, ist eine mittelgroße bis große Katze mit einem muskulösen und athletischen Körperbau, die ein "wildes" Aussehen besitzt. Ihr Fell ist kurz, satiniert und glänzend und liegt eng am Körper an. Das charakteristische Merkmal dieser Rasse ist die klassische Tabby-Zeichnung. Dieses Muster zeigt ein deutliches "M" auf der Stirn, einen durchgehenden Streifen vom äußeren Augenwinkel, schmale Linien auf den Wangen sowie ununterbrochene Halsketten an Hals und oberer Brust. Die Ohren weisen an den Rändern die Farbe der Zeichnung auf, mit einem zentralen Fleck in der Grundfarbe, der einem Daumenabdruck ähnelt. Vom "M" auf der Stirn verlaufen Linien über den Kopf bis zu den Schulterzeichnungen, die von oben betrachtet die Form eines Schmetterlings bilden. Auf dem Rücken zieht sich eine ununterbrochene Linie entlang der Wirbelsäule vom Schmetterling bis zum Schwanz, flankiert von parallelen Streifen, die durch Streifen der Grundfarbe getrennt sind.

 

An den Flanken befindet sich jeweils ein "austernförmiger" Fleck, der idealerweise von einem oder mehreren ununterbrochenen Ringen umgeben ist. Der Schwanz weist möglichst viele vollständige Ringe auf, wobei die Schwanzspitze die Farbe der Zeichnung hat. Die Beine sind mit "Armbändern" von den Körperzeichnungen bis zu den getupften Pfoten versehen. Auch die Bauchregion ist getupft und kann einen helleren Farbton aufweisen. Die Grundfarbe und die Zeichnung sollten gleichmäßig verteilt sein und idealerweise eine bilaterale Symmetrie aufweisen, die dem klassischen Tabby-Muster ähnelt. Die moderne Aztekenkatze kommt in zwölf verschiedenen Farbvarianten vor, darunter Tawny (Schwarz), Chocolate, Cinnamon, Blau, Lilac, Fawn sowie Silbervarianten dieser Farben.

 

Die moderne Aztekenkatze ist mittelgroß bis groß, wobei die Kater in der Regel größer und schwerer sind als die Kätzinnen. Sie besitzen einen soliden Körperbau mit gut entwickelter Muskulatur und einem kräftigen Knochenbau, was sie für ihre elegante Erscheinung überraschend schwer macht. Ihr Kopf ist keilförmig und länger als breit, mit einer leichten Wölbung von der Schnauze zu den Wangen und einem sanften Anstieg von der Nasenwurzel zur Stirn. Die Ohren sind mäßig groß, aufmerksam und breit am Ansatz, im 45-Grad-Winkel angesetzt und haben leicht gerundete Spitzen. Vertikale Haarbüschel an den Ohrspitzen sind wünschenswert, aber nicht zwingend erforderlich. Die Augen sind groß, mandelförmig und leicht nach oben zu den Ohren geneigt. Alle Augenfarben außer Blau sind erlaubt, wobei eine tiefe Farbe bevorzugt wird. Der Körper ist lang und kräftig mit einer tiefen und eher breiten Brust. Der Rücken ist gerade und steigt zum Hinterteil hin leicht an. Der Schwanz ist ziemlich lang, proportional zum Körper, breit am Ansatz und leicht spitz zulaufend, ohne peitschenartig zu sein.

 

Trotz ihres wilden Aussehens besitzt die moderne Aztekenkatze ein sehr liebevolles und anhängliches Wesen und liebt besonders die Gesellschaft von Menschen. Sie ist aktiv, intelligent und benötigt viel Aufmerksamkeit. Im Umgang mit anderen Katzen und Hunden zeigt sie sich in der Regel gutmütig und verträglich. Oft wird ihr ein "hundeartiges" Verhalten nachgesagt, da sie gerne mit ihrer menschlichen Familie interagiert, gut auf Zurufe reagiert und leicht zu trainieren ist. Viele Exemplare dieser Rasse spielen gerne Apportieren und können problemlos Hausregeln lernen. Gegenüber Besuchern zeigen sie sich selbstbewusst und aufgeschlossen und begrüßen Neuankömmlinge oft freudig. Sie sind aufmerksame Familienmitglieder, die ihren Besitzern gerne folgen und sich für deren Aktivitäten interessieren. Ihre Energie und Athletik ermöglichen es ihnen, hoch zu springen und ausgiebig zu spielen, aber sie genießen auch Kuscheleinheiten mit ihren Menschen. Ihre Anpassungsfähigkeit macht sie zu angenehmen Gefährten, die nicht übermäßig anspruchsvoll sind und das Leben gelassen zu nehmen scheinen. Aufgrund ihrer Intelligenz und sozialen Natur sind sie jedoch weniger gut geeignet, lange Zeit allein zu bleiben. Obwohl sie nicht übermäßig laut sind, können sie durchaus stimmlich sein.

 

Die moderne Aztekenkatze ist eine relativ pflegeleichte Rasse. Ihr kurzes Fell benötigt keine besondere Aufmerksamkeit. Gelegentliches Bürsten wird empfohlen, um lose Haare zu entfernen und den Glanz des Fells zu erhalten, ist aber nicht zwingend notwendig. In Bezug auf die Ernährung sind keine besonderen Bedürfnisse bekannt. Es wird jedoch empfohlen, hochwertiges Katzenfutter zu füttern, das auf das Alter, den Aktivitätslevel und den Gesundheitszustand der Katze abgestimmt ist. Die moderne Aztekenkatze gilt als robuste Rasse mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 15 bis 18 Jahren. Es sind keine spezifischen genetischen Prädispositionen bekannt. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen und Impfungen sind, wie bei allen Katzen, wichtig für ihre Gesundheit.

 

Besondere Verhaltensweisen und Vorlieben der modernen Aztekenkatze umfassen oft "hundeartige" Züge wie das Apportieren von Gegenständen und das Reagieren auf Trainingseinheiten. Sie genießen die Interaktion mit ihren menschlichen Familienmitgliedern sehr und folgen ihnen gerne im Haus umher. Ihre Intelligenz und Verspieltheit machen sie zu unterhaltsamen Gefährten, die auch gut mit Kindern interagieren können.

 

Aufgrund ihres freundlichen und anpassungsfähigen Wesens gilt die moderne Aztekenkatze als eine ausgezeichnete Familienkatze. Sie ist in der Regel sehr kinderfreundlich und genießt die Gesellschaft von Kindern. Ihre Energie und Verspieltheit passen gut zu aktiven Kindern, die gerne mit ihr spielen. Auch mit anderen Haustieren, sowohl Katzen als auch Hunden, ist sie in der Regel gut verträglich. Eine frühe Sozialisierung ist jedoch, wie bei allen Katzen, wichtig, um ein harmonisches Zusammenleben zu gewährleisten.

 

Fazit: Zwei "Aztekenkatzen" – eine faszinierende Geschichte

Die Geschichte der "Aztekenkatze" ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie ein Name im Laufe der Zeit für zwei völlig unterschiedliche Katzenpopulationen verwendet werden kann. Die historische mexikanische Nacktkatze, mit ihrer rätselhaften Verbindung zu den Azteken und ihrem ungewöhnlichen saisonalen Fell, ist heute ausgestorben. Ihre Existenz und die ihr zugeschriebenen Eigenschaften haben jedoch die Vorstellungskraft vieler Katzenliebhaber beflügelt. Die moderne Aztekenkatze hingegen, die eng mit der Ocicat verwandt ist und nun als deren klassisch getigerte Variante gilt, ist ein lebendiges Zeugnis der genetischen Vielfalt innerhalb der Katzenwelt.

 

Ihr wildes Aussehen, kombiniert mit einem liebevollen und verspielten Temperament, macht sie zu einem idealen Familienmitglied für aktive Katzenfreunde. Obwohl die beiden "Aztekenkatzen" außer dem Namen wenig gemeinsam haben, tragen beide auf ihre Weise zur reichen und vielfältigen Geschichte der Katzenrassen bei.